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Spitzbergen 2024 – Ein besonderes Abenteuer mit der POLARIS (Teil 4)

von Guido Dwersteg

Der nächste Morgen im Bellsund begrüßt uns mit Sonne satt. Und auch die Temperaturen sind deutlich milder geworden. Wind gibt es dafür heute wenig bis keinen. Nach den anstrengenden Stunden und Tagen der Überfahrt ist das aber gar nicht weiter schlimm und so genießen wir die ungewohnte Wärme und können während unserer Weiterfahrt sogar mit der kurzen Hose im Cockpit sitzen. Das Ziel unserer heutigen Etappe ist Longyearbyen, die Hauptstadt von Spitzbergen und zugleich Heimat von rund 2000 Einwohnern. Zumindest im Sommer. Im Winter leben hier deutlich weniger Menschen. Die Touristensaison ist dann vorbei und das Leben bei permanenter Dunkelheit und Eiseskälte ist dann wohl doch nicht für jeden was.

Entlang der immer wieder beeindruckend kargen Berglandschaften werden auch heute zahllose Bilder und Videos geschossen. Die teils symmetrisch anmutenden Felsformationen haben es uns dabei besonders angetan. Fast wie mit einem Lineal gezogen, erstrecken sich die Strukturen perfekt waagerecht über die steilen Wände. Vor der Zufahrt in den Isfjord nimmt dann die Küstenbebauung spürbar zu. Hie und da sieht man ein Gebäude oder einen Mast mit irgendwelchen Lichtern oder Antennen. Der Fjord selbst ist geradezu gigantisch. Er ist mit 107 km Länge der zweitlängste Fjord Svalbards (nach dem Wijdefjord). An seiner Südseite liegen die zwei größten Ortschaften der Inselgruppe, Barentsburg und Longyearbyen. An seiner Mündung befindet sich laut Revierführer zudem Isfjord Radio, ein Leuchtfeuer und eine Seefunkstation sowie das Boutique Hotel, das nur per Boot erreichbar ist. Die benannte Funkstation werden dann wohl auch die Lichter nd Antennen gewesen sein, die wir bei der Zufahrt gesehen haben.

Barentsburg lassen wir im Fjord an Steuerbord liegen. Die russische Enklave und Bergbaustadt wird vielleicht später noch eines unserer Ziele werden. Wir wollen zunächst nach Longyearbyen, um uns dort mit Proviant zu versorgen und noch ein paar letzte administrative Dinge zu erledigen. Dazu gehört auch das Ausleihen einer Langwaffe sowie der Kauf von geeigneten Flare-Guns, also Signalpistolen mit Spezialmunition, die im Ernstfall angreifende Eisbären auf Distanz halten soll. Die Langwaffe ist darüber hinaus gesetzlich vorgeschrieben. Ohne diese dürfen entweder keine oder nur sehr wenige Landgänge in bestimmten Gebieten unternommen werden. So auch in Longyearbyen. Der Ort ist nämlich mit Schutzzäunen versehen und wird zusätzlich von bewaffnetem Personal bewacht.

Nach guten 60 Seemeilen bzw. 8 Stunden Fahrt liegt dann Longyearbyen vor uns. Da Erste was uns bei der Anfahrt auffällt, sind Dutzende wenn nicht hunderte von kugelförmigen Gebilden auf einem Bergkamm. Hier wird wohl gehorcht oder auf irgendeine andere Art und Weise geforscht. Schließlich ist Spitzbergen das internationale Zentrum für die weltweite Klimaforschung. Perfekt dazu passend, zeigen sich hier auch ein paar Walrosse träge an der nahe gelegenen Küste.

Das Wasser hat sich auf den letzten Meilen gleich mehrfach komplett verändert. Von einem tiefen Blau in der Zufahrt über fast schon türkis wirkende Passagen bis hin zu einer braun schlammigen Brühe gehen die Variationen auseinander. Das wird wohl mit Strömungen, Wind aber vor allen Dingen irgendwelchen Gletscherzuläufen im inneren des Fjords zu tun haben. Den Wassermacher starten wir in der braunen Suppe auf jeden Fall erst mal nicht mehr.

Longyearbyen selbst ist eine typische Polargemeinde. Alles ist auf Funktonalität und Einfachheit getrimmt. Einen Stadtpark und Blumenrabatten sucht man hier vergebens. Dafür gibts löchrige Straßen, rustikale Schotterpisten und pragmatische eckige Gebäude, welche wir von der POLARIS aus sehen können. Der Hafen selbst besteht aus einem langen, massiven Schwimmponton, an dessen Innenseite die Liegeplätze für Sportboote liegen. An der Außenseite sind derweil große Versorgungs- und Expeditionsschiffe festgemacht. Auch einige Ankerlieger können wir in der weitgezogenen Bucht ausmachen. Ein Stück vor dem Schwimmsteg gibt es dann den unvermeidlichen Kreuzfahrtterminal. Auch heute liegt hier ein riesiges Schiff, ein Anblick an den wir uns in den nächsten Tage und Wochen noch häufiger gewöhnen werden müssen.

Den Anleger fährt Uwe. Vorwärts und ganz langsam tasten wir uns dabei hinter den großen Ponton. Der Tiefenmesser springt dabei munter zwischen 5 und 3 Metern hin und her, weshalb wir vorsichtshalber das Schwert der POLARIS etwas nach oben ziehen, um nicht auf Grund zu laufen. Wenig später liegen wir dann längsseits an der ULLA RINMAN, einem ehemals deutschen und in Cuxhaven registrierten Schiff, welches nunmehr als Expeditions- und Reiseschiff in den hohen Breiten seinen Dienst tut.

Nun sind wir also tatsächlich in Longyearbyen angekommen. Nach den langen Monaten der Vorbereitung ein fast unwirkliches Gefühl. Trotzdem sind natürlich alle happy. Boot und Crew sind heil gelandet und so geht es nach einer kurzen Orientierungsrunde um den Steg auch gleich ins nördlichste Brauhaus der Welt. Das liegt nur wenige Meter vom Kai entfernt und bietet leckeres Bier für zugegeben doch ordentliche Preise. Uns ist das heute aber ganz egal. Wir wollen etwas feiern. Ebenso wie sicher 50 weitere Gäste, die hier sitzen und offenbar von dem großen Kreuzfahrer stammen.

Den Abend verbringen wir dann im Ort. Genauer gesagt im KROA. Einem urigen Restaurant im Trapper-Stil mit leckeren Speisen und Getränken. Auf dem Rückweg machen wird dann noch einen kurzen Zwischenstopp in einer Bar. Auch hier ist die Hölle los und schon bald zieht es uns weiter zurück an Bord. Die Sonne scheint übrigens immer noch und das obwohl es doch schon ein gutes Stück nach Mitternacht ist. Morgen wollen wir dann so richtig ankommen, einkaufen und unsere weitere Route planen.

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3. November 2024 Reisebericht